Im Vergleich: Arabica und Robusta
Ein Beitrag von Robert Fink in der Kategorie #Kaffeewissen vom 29. November 2019
Wer sich mit Kaffee auseinandersetzt, kommt an den Begriffen „Arabica“ und „Robusta“ nicht vorbei. Wir erklären dir hier einige Unterschiede.
100% “Arabica” ist wohl das bekannteste Marketing Argument, das jeder Kaffeetrinker kennt. Im Supermarkt verspricht diese Aussage höchste Qualität, „minderwertige Robusta” Bohnen werden dagegen nur aus Kostengründen beigefügt. So zumindest das Vorurteil. Doch kaum einer weiß mehr über die tatsächlichen Unterschiede der beiden Kaffeearten Coffea arabica und Coffea canephora, welche umgangssprachlich meistens nur als “Robusta” bezeichnet wird. Hier fangen die Missverständnisse an, denn genau genommen ist “Robusta” eigentlich der Name einer sehr weit verbreiteten Varietät dieser Art. Der Begriff “Robusta” hat sich über die Zeit zu einem Synonym für die Kaffeeart C.Canephora entwickelt, obwohl dies eigentlich nicht der korrekte Terminus dafür ist. Und was ist nun dran am schlechten Ruf von “Robusta”?
Die Hauptunterschiede
Herkunft & Anbauregionen
Insgesamt kennen wir mehr als 100 Kaffeearten, die alle unter dem Gattungsnamen Coffea benannt sind. Neben Coffea arabica und Coffea canephora machen die wenigen anderen angebauten Arten (z.B. Coffea liberica) aber nur ungefähr 1 % des gehandelten Volumens aus.
Coffea arabica, ein Hybrid aus Coffea eugenioides und Coffea canephora, ist bereits seit dem 7. Jahrhundert in Äthiopien bekannt und wurde 1753 erstmals beschrieben. Interessanterweise wurde Coffea canephora, ursprünglich aus West- und Zentralafrika, erst über 100 Jahre später als Art erfasst und beschrieben. Allerdings wissen wir mittlerweile, dass Coffea arabica ca. 10.000 – 15.000 Jahre alt ist, während das Alter von Coffea canephora auf ca. 100.000 Jahre geschätzt wird. Länder wie Brasilien, Kolumbien und Äthiopien sind heute für ihre Arabica Kaffees bekannt. Arabica Kaffees machen ca. 60 – 70 % des weltweiten Kaffeevolumen aus, Canephora Kaffees dagegen nur 30 – 40 %. Dieser wird vor allem in Ländern wie Vietnam, Brasilien, Uganda, Indien und Indonesien produziert. Der Anteil von Canephora wächst stetig und verdient allein schon aus diesem Grund einer differenzierten Betrachtung.
Arabica Kaffees machen 60 – 70 % des weltweiten Kaffeevolumens aus, Robusta Kaffees nur 30 – 40 %.
Anbaubedingungen
Hier zeigen sich die Unterschiede und es wird deutlich, woher “Robusta” Kaffee seinen Namen hat. Arabica Pflanzen werden in höheren Anbaugebieten von 600 m bis 2.300 m angebaut. Die Höhenlage beeinflusst, wie schnell die Kirschen reifen. Je höher die Pflanze wächst, desto langsamer reift sie und hat dadurch mehr Zeit komplexe Aromen zu entwickeln. Arabica Pflanzen brauchen konstante Temperaturen um 15 – 25 °C, ohne Wetterextreme, wie Dürre, Frost oder ähnliches.
Die meisten Arabica Varietäten bevorzugen den Anbau im Schatten und vertragen nicht zu viel direktes Sonnenlicht. Hier ist allerdings hinzuzufügen, dass mittlerweile auch einige Arabica Varietäten besser mit direkter Sonneneinstrahlung umgehen können.
Wie der Name bei “Robusta” schon verrät, ist Canephora in gewissen Hinsichten robuster und resistenter, als ihre Verwandten. Canephora ist weniger empfindlich gegen Temperaturschwankungen, starke Sonneneinstrahlung und Insektenbefall. Die Pflanzen wachsen auch bei Temperaturen von bis zu 36 °C und in niedrigen Höhenlagen ab 200 m. Hinzu kommt, dass Canephora ertragreicher ist als Arabica, die Pflanzen also mehr Kaffeekirschen produzieren. Werden die Pflanzen nicht gepflegt und zurückgeschnitten, können sie bis zu 10 m in die Höhe wachsen, während es Arabica Pflanzen nur bis zu maximal 8 m schaffen.
Aussehen & DNA
Die Pflanzen erreichen voll ausgewachsen nicht nur unterschiedliche Größen, sie unterscheiden sich auch im Aussehen der Blätter und Bohnen. Die Blätter der Arabica Pflanze laufen oval zu. Canephora Blätter sind dagegen runder und etwas kleiner. Während die Arabica Bohne für ihre ovale Form mit einem schmalen S-förmigen Schnitt in der Mitte der Bohne bekannt ist, erscheint die Canephora Bohne hingegen nahezu rundlich mit einem geraden, breiten mittleren Schnitt. Allgemein sagt man, dass Arabica Bohnen etwas größer sind als die einer Canephora Pflanze, dies hängt jedoch stark von der jeweiligen Varietät ab.
Auch im „Inneren“ läuft nicht alles gleich ab. Arabica weist 44 Chromosomen vor, Canephora hingegen nur 22. Erwähnenswert ist noch, das Arabica Pflanzen selbstbestäubend sind und ein tieferes Wurzelsystem aufweisen. Zudem gibt es Arabica- Varietäten in welche wiederum Canephora eingekreuzt wurde um die Widerstandsfähigkeit gegenüber einigen Krankheiten zu erhöhen.
Foto: Robusta Bohnen (links) und Arabica Bohnen (rechts) im Vergleich
Geschmack
Schon die Tatsache, dass Arabica und Canephora in verschiedenen Regionen zu verschiedenen Bedingungen angebaut werden, lässt vermuten, dass sie sich auch im Geschmack nicht gerade ähneln. Schließlich sind Anbauort, -bedingungen und die sorgfältige Aufbereitung von Kaffee ausschlaggebend für einen guten Geschmack. Man neigt dazu Canephora- mit Arabica Kaffees zu vergleichen, was sich aber problematisch darstellt. Zum Beispiel könnte man Orangen mit Pampelmusen vergleichen. Es gibt gute Pampelmusen, aber eine Pampelmuse wird nie eine gute Orange sein. Ein geschmacklicher Vergleich scheint unfair, da diese beiden Arten sehr unterschiedlich sind. Arabica-Kaffee ist geschmacklich nuancierter. Man erkennt ihn an den feineren, fruchtigen, allgemein komplexeren Geschmacksnoten und der intensiveren Säure. Zudem weist er einen höheren Zuckergehalt auf und hat einen geringeren Chlorogensäuregehalt.
Der typische Canephora Geschmack wirkt oft dunkel schokoladig, nussig, erdig und etwas bitter. Doch gerade Süditaliener schätzen dies, da der kräftigere Ton mit Zucker zu einem Karamellton verschmilzt. Das ist auch der Grund, warum traditionelle Espressomischungen oft einen Canephora Anteil von fast 50 % haben. Zudem ist es möglich, durch die Zumischung von Canephora einen runden und volleren Körper zu erzeugen. Koffeinbedürftige wird interessieren, dass C. Canephora ungefähr die doppelte Menge der anregenden Substanz enthält.
In der Regel hat Canephora aufgrund des geringeren Lipidgehalts und des höheren CO2-Anteils nach dem Rösten eine sattere und länger haltbare Crema.
Durch die Farbe der Crema kann man u.a. die Zusammensetzung der Kaffeemischung erkennen: Zum Beispiel führt eine 100 % Arabica-Mischung zu einer Crema, welche sich häufig durch eine rötlich-braune Farbe auszeichnet. Oftmals entsteht das charakteristische „Tiger Skin“ -Muster. Bei einer 100 % Canephora-Mischung zeichnet sich die Crema eher durch eine dunkelbraune Farbe mit Grautönen aus.
Zurück zur Ausgangsfrage
Bestätigt sich somit das Vorurteil? Leider ist die Antwort wie so oft nicht eindeutig, da guter Kaffee von so viel mehr als nur vom Name und dem Preis abhängt. So ist nicht jeder Canephora billig und schlecht verarbeitet und nicht jeder Arabica ein Musterbeispiel an Gourmetkaffee. In der Tat gehören sogar nur knapp 5% des weltweit gehandelten Arabica zu Spezialitätenkaffees. Der Begriff “Robusta” wird oft mit schlechter Qualität in Verbindung gebracht, aber ein Blick über den Tellerrand hinaus ist lohnenswert. Es gibt durchaus geschmacklich saubere und komplexe sogenannte “Fine Robusta”, welche u.a. in ähnlichen Höhenlagen wie Arabica angebaut und mit großer Sorgfalt verarbeitet werden. Bei hochwertigem Canephora kann man beispielsweise oft Geschmacksnoten diverser Steinfrüchte, wie Kirschen, Rosinen, Beeren, sowie florale und oft nussige, würzige Noten finden.
Der Markt für fine Robusta ist momentan noch recht jung, er wird aber in Zeiten des Klimawandels eine immer wichtigere, länderspezifische Rolle einnehmen. Zudem ist das ganze Potential momentan noch nicht absehbar, da erst seit kurzer Zeit mehr Aufmerksamkeit auf die Qualität als auf hohe Produktivität gelegt wird. Der schlechte Ruf basiert zumeist auf korrigierbare Mängel bei der Kultivierung und der Verarbeitung aber nicht wie oft behauptet auf der Art an sich. Es gab in der Vergangenheit so gut wie keine Preisprämien und folglich auch keine hohe Motivation für Qualitätsverbesserungen. Wie der Markt für Arabica- Spezialitätenkaffee bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, könnte auch der Markt für Canephora durch eine qualitative Abgrenzung profitieren.
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