Ein Steckbrief über das Rainforest Alliance Siegel
Was ist die Rainforest Alliance (RFA) bzw. das Sustainable Agricultural Network (SAN)?
Das SAN ist ein Netzwerk von lateinamerikanischen Umweltschutzgruppen, die gemeinschaftsbasierte Umweltschutzprojekte und Forschung fördern. Im Fokus stehen die von der SAN entwickelten Sozial- und Umweltstandards für tropische Landwirtschaft und forstwirtschaftliche Produktion. Deren Implementierung übernimmt ebenfalls die SAN. Das Zertifizierungsprogramm der SAN und die Öffentlichkeitsarbeit führt die Rainforest Alliance durch. Die Audit-Division RA-Cert hält sich dabei wiederum an die Standards der Sustainable Farm Certification, International (SFC).
- Zertifizierungen in 42 Ländern weltweit, 35.000 Mitglieder
- 1,2 Mio. zertifizierte Farmen, davon 195.000 für Kaffee
* Als Quelle dienen die aktuellsten Zahlen und Informationen zum Zeitpunkt Mai 2016.
Was sind die Schwerpunkte?
- Nachhaltige Landwirtschaft: Förderung nachhaltiger, ökologischer Praktiken zur Verbesserung der Landbewirtschaftung
- Schutz der tropischen Ökosysteme und deren Artenvielfalt
- Förderung der Unabhängigkeit von Produzenten u.a. Einkommenssteigerungen durch Produktivitätssteigerungen
Welche Vergabekriterien gibt es?
Der „Standard Für Nachhaltige Landwirtschaft“ gliedert sich in 10 sogenannte Prinzipien mit insgesamt 101 Kriterien. Für eine erfolgreiche Zertifizierung müssen min. 50% der Kriterien eines jeden Prinzips und min. 80% der gesamten Kriterien eingehalten werden. Darüber hinaus sind 23 kritische Kriterien definiert, die in jedem Fall eingehalten werden müssen.
Welche Überprüfungszyklen gibt es?
Die Erstzertifizierung gilt 3 Jahre. In der Zeit werden 5 Arten von Audits durchgeführt: Zwei regelmäßige (Zertifizierungsaudit und jährliches Audit) sowie drei unregelmäßige, die auch unangekündigt stattfinden können. Nach 3 Jahren beginnt der Zertifizierungszyklus erneut.
Welche Kosten entstehen?
Die Kosten für die Erstzertifizierung belaufen sich auf ca. 2250 € und variieren je nach gewählter Zertifizierungsgesellschaft. Außerdem sind jährlich Beitrags- und Verwaltungsgebühren an den FSC zu entrichten. Bei Kaffee kommen $ 0,015/pound Rohkaffee dazu, sobald dieser auf dem Weltmarkt gehandelt wird. Dabei sind nicht die Kaffeebauern, sondern die Kaffeeimporteure verantwortlich für die Bezahlung dieser Mitgliedsgebühr. Die Kosten für die erneute Zertifizierung (3-Jahreszyklus) werden teilweise von Einkäufern übernommen.
Wie transparent ist RFA/SAN in Bezug auf die Sozialprämienverwendung? Entfällt, da keine Sozialprämien bei RFA/SAN existieren.
Welche Kritikpunkte an UTZ gibt es?
RFA-Siegel, auch wenn nur 30% der Produktbestandteile zertifiziert sind
Für ein Produkt, das nur aus einer Zutat besteht (z. B. Kaffee), gilt: Wenn min. 30% dieser Zutat von zertifizierten Produzenten kommen, so darf das Siegel mit der einschränkenden Zusatzinformation „30% zertifizierter Kaffee“ genutzt werden. Zusätzlich gilt die Verpflichtung, den Anteil jährlich im 15% zu steigern. Nach 5 Jahren müssen jedoch 100% erreicht werden. Diese „Siegel-Light“ Variante beeinträchtigt die Siegeltransparenz, da Ausnahmefälle bestehen. Zudem sind 10% nicht-zertifizierter Kaffee erlaubt, sodass auch mit 90% zertifiziertem Kaffee das normale 100% Siegel geführt werden kann. Es besteht zwar die Voraussetzung, dass auch hier über die Zeit 100% erreicht werden müssen, kritisch betrachtet kann die 10% Schwelle jedoch zu Beginn missbraucht werden, da zertifizierte mit nicht-zertifizierten Bohnen beim Rösten vermischt werden.
Ökologisch ist nicht gleich Biologisch
Obgleich nachhaltige Landwirtschaft ein Schwerpunkt des RFA/SAN Systems ist, unterliegen Produkte aus biologischem Anbau weitaus strikteren Vorschriften. So dürfen bei RFA-zertifizierten Farmen ggf. Agrochemikalien eingesetzt werden. Die Kriterien für den biologischen Anbau sind zudem gesetzlich fixiert. Dennoch positiv: Auf der RFA Website wird dieser Unterschied in den FAQs benannt.
„Mainstream Nachhaltigkeit“
Das RFA-Siegel wird insbesondere von Großkonzernen verwendet (z. B. Starbucks, Nestlé Tchibo, Kraft Foods, Unilever). RFA-zertifizierte Produkte sind in der medialen Darstellung besonders nachhaltig, sozialverträglich und fair inszeniert. Unter Berücksichtigung der Verhandlungsfreiheit über den Kaufpreis (z. B. von Rohkaffee), bedeutet jedoch der Kauf eines zertifizierten Kaffees eines Großanbieters nicht automatisch deutlich höhere Verkaufspreise für die Kaffeebauern. RFA und SAN wirken nicht aktiv an der Preisverhandlung mit. Der Preis wird über den Markt reguliert und verbleibt dann lediglich auf Weltmarktniveau. Insbesondere für die mediale Präsentation des RFA-Siegels spenden Großkonzerne Geld an die RFA/SAN. Auch lohnt sich ein Blick in die Bilanz, um einen besseren Eindruck zu gewinnen: Wurden 2011 noch ca. 30% der Ausgaben für den Posten “nachhaltige Landwirtschaft” ausgegeben, so waren es im Jahr 2013 nur noch ca. 19%. Eine Sache wird nicht funktionieren: Fair gehandelte, biologisch angebaute, qualitativ hochwertige Produkte zu einem geringen Preis.
Fairer Handel?
RFA/SAN setzen sich für den Schutz der Artenvielfalt und die Verbesserung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmethoden ein. Dennoch werden die Handelspraktiken und Strukturen (Beispiel Preisverhandlungen für Rohkaffee) weitestgehend nicht berührt. Darüber hinaus bevorzugt das RFA/SAN System indirekt mittlere und große Produzentenvereinigungen.
Welche Verbindung besteht zwischen Verkäufer und Produzenten?
Mitarbeiter von SAN befinden im Austausch mit den Produzenten vor Ort. Der Verkäufer der Produkte in Europa hingegen benötigt grundsätzlich keinen Kontakt zu den Produzenten in den Südländern.