Gerüchteküche XVII: Dark Roasts enthalten mehr Koffein
In unserer Reihe “Gerüchteküche” nehmen wir uns regelmäßig Mythen im Bereich Kaffee an, die sich bereits seit langer Zeit halten. Hier untersuchen wir, ob sie komplett erfunden sind oder ob an ihnen nicht doch etwas dran sein könnte.
Intensiv, herb und oft assoziiert mit dem “typischen” Kaffeegeschmack – beim sogenannten Dark Roast werden die Bohnen besonders dunkel geröstet. Als Roast bezeichnet man die verschiedenen Röstgrade von Kaffee.
Das Gerücht
Einer der hartnäckigsten Mythen, dessen wir uns heute annehmen, ist, dass sehr dunkel geröstete Kaffees mehr Koffein enthalten. Je stärker das Geschmacksbild eines Kaffees ist, desto stärker muss auch seine Wirkung sein. Was steckt hinter dieser Annahme und hat die Stärke der Röstung tatsächlich etwas mit dem Koffeingehalt deines Lieblingsgetränks zu tun?
Der typische Charakter des Dark Roasts
Wenn man an den typischen Geschmack eines Dark Roasts denkt, dann kommt zum Beispiel die italienische Röstung in den Sinn, wie bei unserem Grano Gayo.
Der typische Charakter des Dark Roasts spiegelt sich in seinen Aromen wieder. Je dunkler ein Rohkaffee geröstet wird, desto mehr Aromen aus der Kategorie “Sugar Browing”, wie Zartbitterschokolade oder geröstete Nüsse, werden entwickelt. Das liegt daran, dass während des Röstvorgangs Säuren abgebaut und durch Bitterstoffe ersetzt werden. Bitterstoffe sind für den leicht herben Geschmack der Dark Roasts verantwortlich.
Je länger Kaffee also geröstet wird, desto mehr reduziert sich sein Säurelevel, was ihn für Kaffeeliebhaber:innen mit einem empfindlichen Magen besonders geeignet macht. Zusätzlich beginnt der Zucker in der Kaffeebohne zu karamellisieren, was für die charakteristischen, süßen Aromen ausschlaggebend ist. Aufgrund ihrer geringen Säure sind Dark Roasts für Vollautomaten besonders gut geeignet.
Der Mythos: Dark Roasts enthalten mehr Koffein
Jetzt, wo wir den Charakter des Dark Roasts ein wenig näher beleuchtet haben, bleibt noch die Frage zu klären, wie es nun um seinen Koffeingehalt steht.
Einige Studien haben gezeigt, dass der Koffeingehalt mit der Röstintensität abnimmt. Damit wäre das Gegenteil der Fall, als das, was wir ursprünglich angenommen haben.
Andere Studien haben wiederum gezeigt, dass der Röstgrad einen nur so minimalen Einfluss hat, dass er ein unzuverlässigen Indikator für den Koffeingehalt ist.
Doch woher stammt das Koffein und was beeinflusst seine Intensität?
Der Koffeingehalt deines Lieblingskaffees wird von mehreren Faktoren bestimmt. So spielt die verwendete Kaffeemenge eine ausschlaggebende Rolle, ebenso wie die Herkunft der Bohne und in einem geringen Maße auch die angewendete Brühmethode.
So ist es bei dunkleren Röstungen der Fall, dass sie aufgrund der während des Röstprozesses zugeführten Hitze einen größeren Umfang aufweisen. Wenn man Kaffeebohnen erhitzt, werden sie größer. Misst du daher die Menge der Kaffeebohnen, die du für den Brühvorgang benötigst, mit einem Löffel, so nehmen dunkler geröstete Bohnen mehr Platz ein, als heller geröstete, wodurch mengenmäßig mehr von ihnen auf deinen Löffel passen. Aufgrund ihrer höheren Dichte würde dein Kaffee mit der hellen Röstung somit vermutlich mehr Koffein enthalten.
Würdest du stattdessen eine Waage verwenden, um das Gewicht zu messen, ist das Gegenteil der Fall. Bohnen vergrößern beim Rösten zwar ihr Volumen, verlieren jedoch gleichzeitig einen Teil ihres Gewichts. Durch ihr geringeres Gewicht, befinden sich beispielsweise in 32g Kaffee (Menge, die du für 500 ml Kaffee aus dem Hario v60 Filter benötigst) mehr Kaffeebohnen bei Dark Roasts, als bei einer helleren Röstung, weshalb die dunklere Röstung hier mehr Koffein enthält.
Als kleiner Side-Fact:
Neben der Menge der Bohnen beeinflusst auch die Anbauhöhe der Kaffeekirschen den Koffeingehalt. Da Koffein als natürliches Insektenschutzmittel gilt, und es in höheren Anbauregionen weniger Insekten gibt, enthält der Kaffee dort tendenziell weniger Koffein.
Fazit
Die Aussage, dass Dark Roasts also mehr Koffein enthalten, lässt sich so nicht pauschalisieren. Der Koffeingehalt hängt von einer Reihe verschiedener Faktoren ab und hat erst einmal nichts mit dem Röstgrad zu tun.
Die Annahme, dass dein Espresso aufgrund seiner höheren Intensität mehr Koffein enthalten könnte, als ein Filterkaffee, ist also ein Trugschluss. Espresso enthält zwar pro Gramm oder Milliliter mehr Koffein, da die Portionsgröße jedoch deutlich kleiner als eine Tasse Filterkaffee ist, bleibt sein Koffeingehalt oft geringer.
Herein in die Gerüchteküche
Regelmäßig gehen wir den beharrlichsten Gerüchten, der gepflegten Pseudowissenschaft und den gefühlten Wahrheiten rund um’s Thema Kaffee auf den Grund. Finde heraus, was wir bisher so alles herausgefunden haben.